Kunststoffschweißen: Plastische Chirurgie - Defekte PETanks müssen nicht zwangsläufig erneuert werden. Mit dem Verfahren des Kunststoffschweißens lassen sich z. B. Mähdrescher Polyethylentanks reparieren
Defekte Kunststofftanks aus Polyethylen Thermoplast müssen nicht immer ausgetauscht werden, es ist schweißbar.
Oft lassen sich Risse oder Undichtigkeiten auch reparieren. Die Lösung heißt Kunststoffschweißen. TopAgrar hat sich das in der Praxis näher angesehen.
TopAgrar begleitete den Spezialist bei einem Reparaturauftrag an Dieseltanks von zwei Mähdreschern eines Lohnunternehmens.
Roland Bräutigam ist selbstständig und bietet vorrangig die Reparatur von Polyethylentanks an. Hier im Kunststoffwerkstatt24 Service Vororttermin.
SCHNELL GELESEN 108 top.agrar 9/2025
Defekte Kunststofftanks müssen nicht
zwangsläufig erneuert werden. Mit dem
Verfahren des Kunststoffschweißens
lassen sich viele Behälter reparieren.
Roland Bräutigam ist selbstständig
und bietet vorrangig die Reparatur von
Polyethylentanks an.
Wir begleiteten den Fachmann bei
einem Reparaturauftrag an Dieseltanks
von zwei Mähdreschern eines Lohnunternehmens.
Zwei Verfahren
Bräutigam setzt bei seiner Arbeit auf
zwei Geräte zum Kunststoffschweißen:
• Warmgas-Ziehschweißen mit einem
Handschweißgerät,
• Warmgas-Extrusionsschweißen mit
einem Schweißextruder.
Beim Handschweißgerät wird der
Werkstoff mit einer Heizdüse angeschmolzen,
der Schweißdraht manuell
an die Düsen in den aufgeschmolzenen
Bereich geschoben und angedrückt.
Dies Verfahren eignet sich vor allem für
kleine Schweißnähte, z. B. bei Rissen.
Das Warmgas-Extrusionsschweißgerät
hingegen zieht den Draht von einer
Trommel in eine kleine Vorkammer, in
der der Draht geschreddert wird. Anschließend
erhitzt ihn die Maschine
und drückt den Kunststoff durch eine
Düse als Strang heraus. Mit entsprechenden
Aufsätzen kann man mit der
Maschine direkt am Werkstück arbeiten.
Bräutigam nutzt das Gerät aber
häufig auch stationär. Dann entnimmt
er den Kunststoff mit einer speziellen
Hülse und nutzt es zum Auftragsschweißen.
Das ist vor allem für größere
Flickstellen interessant.
Tanks bestehen heute bei den meisten
Landmaschinen aus Kunststoffen.
Dazu gehören z. B. Polyamid
(PA) Thermoplast oder Polyethylen
(PE) Doch ist so ein Tank undicht,
ist das Problem groß. Neben der längeren
De- und Wiedermontage kostet
auch ein neuer Tank selbst viel Geld.
Doch defekte Tanks aus PE lassen sich
reparieren. Hierauf hat sich Roland
Bräutigam aus Werdau in Sachsen spezialisiert.
Wir haben uns die Arbeit des
66-jährigen bei der Reparatur von zwei
John Deere-Mähdreschertanks genauer
angesehen.

VERSCHIEDENE STOFFE
Nicht alle Kunststoffarten lassen sich
schweißen. Doch Polyethylen als thermoplastischer
Werkstoff lässt sich wieder aufschmelzen. Es gibt verschiedene
Festigkeitsklassen beim PE, die durch
die Länge der Molekülketten bestimmt
sind. Je fester das Material, desto höher
ist der Schmelzpunkt. Polyehtylene mit
verschiedenen Festigkeiten lassen sich
aber miteinander verschweißen.


Der Auftrag
Bei unserem Besuch musste Roland
Bräutigam an zwei John Deere T560-
Mähdreschern undichte Tanks reparieren.
Das Problem: Bei der Fertigung der
PE-Tanks wurde im Behältersumpf ein
rechteckiges Edelstahlbauteil mit Innengewinde
eingelegt. Polyolefine gehen
aber mit Metallen keine dichte/
feste Verbindung ein. Nach einiger Zeit löste sich das Stahlbauteil geringfügig,
und der Tank war damit undicht.
Roland Bräutigams Lösung: Die VAMuffe
am Behälterboden mit dem Auftragsschweißverfahren
mit PE ummanteln
und anschließend den Tankstutzen
nicht mehr über das Metallgewinde
sondern an der neu geschaffenen Kunststoffoberfläche
abzudichten. Zu Demonstrationszwecken
war ein Tank
ausgebaut, das ist in der Praxis aber
kein Muss. Wenn er an die Flickstelle
gut herankommt, ist die Mehrarbeit im
Vorfeld nicht nötig.

△ Die Arbeitsschritte: 1.) Vorbereiten der Oberfläche; 2.) Werkstück aufschmelzen; 3.) Schweißmasse auftragen; 4.) der Feinschliff
Mehrere Arbeitsschritte
Die Schweißreparaturen lassen sich in
vier Schritte unterteilen:

01 1. Vorbereitung der Oberfläche
Als erstes entfernte der Experte Ausfransungen
und Verunreinigungen am
Tankauslass mit einem Winkelschleifer
mit Fächerscheibe. Die Feinarbeit erledigte
er mit einem Messer. Durch das
Aufrauen der Oberfläche wird die
Oxidschicht des PE aufgebrochen.
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2. Werkstück Anschmelzen
Damit auf dem bestehenden Bauteil
neuer Kunststoff aufgetragen werden
kann, ist die Oberfläche zunächst anzuschmelzen.
Dazu kommt bei Bräutigam
ein modifiziertes Handschweißgerät mit
einer abgewinkelten Düse zum Einsatz,
das er nur zum Aufschmelzen benötigt.
Der Vorteil ist, dass er die Temperatur
genau einstellen kann, denn das Werkstück
sowie der Schweißdraht müssen
dieselbe Temperatur haben. Hierzu
nutzt er einen Trick: Lässt sich eine
Schraubendreherspitze mühelos in den
Kunststoff drücken, ohne dass dieser
Fäden zieht, passt die Temperatur.
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3. Schweissmasse Auftragen
In das Gewinde des VA-Einsatzes
steckte Bräutigam zunächst einen Gewindebohrer
um rund um die Öffnung
arbeiten zu können. Anschließend
nimmt er eine Wulst angeschmolzener
PE-HD-Schweißmasse und drückt sie in
das plastifizierte Polyethylen des Tanks.
Dann gilt es die Masse sorgfältig anzudrücken.
Dazu nutzt der Experte Werkzeuge
aus PTFE, einem Kunststoff der
sich nicht aufschmelzen lässt und an
dem das weiche PE nicht anhaftet.
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4. Der Feinschliff
Ist das Werkstück abgekühlt, haben die
Kunststoffe eine feste Verbindung. Anschließend
ist Zeit für Feinarbeit. Um
eine gerade Dichtfläche herzustellen,
nutzte Bräutigam einen Bandschleifer.
Das eigentliche Gewinde ist nun mit
rund 8 mm Material überdeckt. Überständiges
Material entfernte er mit dem
Winkelschleifer und einem Stecheisen.
Reparaturen oft Günstiger
Das Resultat der Arbeit sind zwei
dichte Tanks. Doch dafür braucht es
sehr viel Feingefühl, Erfahrung und
Wissen über die Werkstoffe. Auch wenn
das Resultat nicht wie ein originales
oder neues Teil aussieht, erfüllt es dennoch
seinen Zweck.
Für den Kunden hat sich die Reparatur
finanziell gelohnt. Ein neuer Tank
hätte rund 3.600 € gekostet. Für beide
Tankreparaturen berechnet Roland
Bräutigam in diesem Fall inklusive Anund
Abfahrt sowie Arbeitsvorbereitung
rund 1.800 €. Die Preise kalkuliert er
für jeden Auftrag individuell. Es ist
aber auch möglich, den Tank zu seiner
Werkstatt nach Werdau zu bringen.
Dann entfällt seine Zeit für die An- und
Abreise.
Ihr Kontakt zur Redaktion:
andreas.huesmann@topagrar.com